Berlin, den 17. Oktober 2024: „Die Beachtung des verfassungsrechtlichen Verbots der Besteuerung des Existenzminimums und der Verzicht auf Steuererhöhungen durch kalte Progression sind keine Entlastung für Familien. Die Maßnahmen verhindern lediglich eine verfassungswidrige Besteuerung und eine zusätzliche steuerliche Belastung für Familien. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familien steigt in keiner Weise“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in seiner gestrigen Regierungserklärung behauptet, die aktuellen Regierungspläne zur Anhebung der Steuerfreibeträge, zum Ausgleich der kalten Progression und zur Erhöhung des Kindergeldes würden eine vierköpfige Familie mit Durchschnittsverdienern um 300 Euro entlasten.
„Das Existenzminimum von Kindern und Erwachsenen darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht besteuert werden. Dass die Regierung sich daran hält und in der Inflation den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag anhebt, ist keine Wohltat für Familien und sollte auch nicht als solche verkauft werden“, so Ulrich Hoffmann. „Auch der Verzicht auf inflationsbedingte Steuererhöhungen durch kalte Progression ist nur recht und billig.“
Mit dem Begriff der kalten Progression wird das Phänomen beschrieben, dass Lohnsteigerungen in Höhe der Inflationsrate – ohne Erhöhung der Kaufkraft und der steuerlichen Leistungsfähigkeit – zu einer stärkeren Steuerbelastung führen. Will man diese impliziten Steuererhöhungen vermeiden, muss der Steuertarif regelmäßig an die Inflation angepasst werden. Der Familienbund hält dies für zwingend erforderlich. Er setzt sich dafür ein, die kalte Progression durch einen sogenannten „Tarif auf Rädern“, d.h. eine automatische Anpassung des Steuertarifs entsprechend dem Durchschnitt der Lohnsteigerungen („Tarifindex“) oder entsprechend der Inflation („Preisindex“), endgültig zu beseitigen.
Auch die Entlastung durch die geplante Kindergelderhöhung um 5 Euro pro Monat ist laut Ulrich Hoffmann sehr begrenzt: „Die geplante Kindergeldanhebung führt bei einer vierköpfigen Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern zu einer maximalen Entlastung von 120 Euro pro Jahr. Da das Kindergeld aber mit der Wirkung des Kinderfreibetrags verrechnet wird, fällt die tatsächliche Entlastung für viele Familien sehr viel niedriger aus. Mit Blick auf die starke Inflation der letzten Jahre wird das für 2025 geplante Kindergeld in Höhe von 255 Euro allenfalls die Kaufkraft des Kindergeldes vor der Pandemie erreichen. Großzügige Familienentlastung sieht anders aus.“
Dr. Katja Weniger, Familienbund-Bundesverband
siehe auch https://www.familienbund.org
Über den Autor